Bernd Ohm

Autorenblog

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Vom Schweinehüten und Wortverdrehen

In poli­ti­scher Hin­sicht ist bes­te Platz für einen Autoren zwei­fel­los der zwi­schen allen Stüh­len. Die Nati­on? Ein abso­lut not­wen­di­ges Übel, aber nie­mand wird mich jemals mit einer Flag­ge wedeln sehen, wenn irgend­wo irgend­wel­che über­be­zahl­ten Sports­ka­no­nen einem Leder­ball hin­ter­her­ren­nen und sich »Natio­nal­mann­schaft« nen­nen. Der Sozi­al­staat? Einer­seits zwin­gend not­wen­dig für den gesell­schaft­li­chen Zusam­men­halt, ander­seits – wenn man’s über­treibt – eine Ein­la­dung zum Fau­len­zen. Die freie Markt­wirt­schaft? Funk­tio­niert unter bestimm­ten Umstän­den, unter ande­ren ist sie ein schlech­ter Witz. Der Kom­mu­nis­mus? Vor Gott und dem BGB mögen alle Men­schen gleich sein, in jeder ande­ren Hin­sicht sind sie es nicht. Und so wei­ter und so fort. Kein Stand­punkt darf einem fremd sein, kei­ne mensch­li­che Regung unver­ständ­lich. Wie soll­te man auch eine Geschich­te schrei­ben, ohne sich noch in die übels­ten und schrägs­ten ihrer han­deln­den Figu­ren hin­ein­ver­set­zen zu kön­nen …? Das heißt natür­lich nicht, dass man über­haupt kei­ne Prin­zi­pi­en haben soll, aber wenn man die Welt durch die Bril­le die­ser oder jener Ideo­lo­gie sieht, ver­engt sich das Blick­feld, bis man nur noch das sieht, was man sehen will. Und nichts könn­te lang­wei­li­ger sein als Lite­ra­tur, die sich irgend­ei­nem Ismus ver­schrie­ben hat.

Trotz­dem gibt es wohl manch­mal Zei­ten, in denen man es nicht ver­mei­den kann, in einem poli­ti­schen oder gesell­schaft­li­chen Streit für die eine oder ande­re Sei­te Par­tei zu ergrei­fen, weil er an die Sub­stanz geht. Wei­ter­le­sen

Rezensionen zu »Sechs Tage im Herbst«

Mitt­ler­wei­le haben ein paar Leu­te Sechs Tage im Herbst gele­sen und ihre Mei­nung dazu kund­ge­tan. Hier ein klei­ner Überblick:

Joa­chim Feld­mann fin­det in der Wochen­zei­tung Frei­tag, anläss­lich des Buches, dass sich der »Span­nungs­ro­man als idea­les Medi­um für das alte Kon­zept der lite­ra­ri­schen Auf­klä­rung« erweist, und hebt den »span­nend kon­stru­ier­ten Plot« her­vor – dan­ke für die Blumen!

Lukas Jen­kers Rezen­si­on in den Stutt­gar­ter Nach­rich­ten spricht von einem Thril­ler, »in dem die berüch­tig­te Geschich­te der RAF schil­lernd und gekonnt in die Hand­lung ein­ge­wo­ben ist«, aller­dings bemän­gelt er mei­ne Schil­de­rung des All­tags­le­bens – heh, sogar der Preis des Fisch­bring­diens­tes stimmt!!!

Micha­el Schul­te schreibt in den West­fä­li­schen Nach­rich­ten (lei­der nicht online): »Bernd Ohm hat sau­ber recher­chiert und prä­sen­tiert ein Polit­dra­ma, das den Abge­sang auf die Lebens­lü­gen einer gan­zen Genera­ti­on ent­hält. Das Buch unter­hält kurz­wei­lig, wirkt aber lan­ge nach« – was soll­te ich dem noch hinzufügen?

Sogar in die F.A.Z. haben es die Sechs Tage geschafft, hier fin­det Peter Kör­te in einer Kurz­re­zen­si­on (lei­der auch hin­ter Pay­wall), dass ich einen »smart kon­stru­ier­ten Roman« hin­ge­legt habe – war­um auch mehr schrei­ben, wenn man den Nagel auf den Kopf trifft …? 🙂

Etwas aus­führ­li­cher ist Mari­us Mül­ler vom ekz.bibliotheksservice (nicht online), der fin­det, dass »Ohm doch ins­ge­samt ein­mal mehr ein klas­se Roman gelun­gen [ist], der His­to­ri­sches mit Ver­schwö­rungs­spek­tu­la­tio­nen und einer tem­po­rei­chen Hatz kom­bi­niert« – das sind doch Zei­len, die man ger­ne liest!

Elke Ross­mann wid­met dem Buch im Esch­bor­ner Stadt­ma­ga­zin eine gera­de­zu hym­ni­sche Rezen­si­on: »Hoch­span­nung von Sei­te eins bis zum letz­ten Satz. Dabei wird ein Erklä­rungs­ver­such über die Zusam­men­hän­ge der RAF, mit den inter­na­tio­na­len Ter­ror­grup­pen, der ehe­ma­li­gen DDR, dem rus­si­schen Geheim­dienst und auch den euro­päi­schen Geheim­or­ga­ni­sa­tio­nen gemacht, der in man­cher Hin­sicht Hand und Fuß hat und in man­cher Hin­sicht bestimmt Ver­schwö­rungs­theo­rien beinhal­tet. Aber egal, es ist ein rich­tig unter­halt­sa­mer Thril­ler!« – nein, wir sind weder ver­wandt noch verschwägert…

Nicht weni­ger posi­tiv ist die Mei­nung Gün­ter Bielem­ei­ers vom Dach­ver­band der Katho­li­schen Biblio­the­ken Bor­ro­mäus­ver­ein: »Bernd Ohm hat bril­lant recher­chiert, um sei­nen Polit-Thril­ler so authen­tisch wie mög­lich wer­den zu las­sen: Was er an Infos über die Geschich­te der RAF und über deren natio­na­le und inter­na­tio­na­le Machen­schaf­ten und Dimen­sio­nen her­aus­ge­fun­den hat und in der Hand­lung ver­ar­bei­tet — alle Ach­tung!« – das ehrt mich, denn die mög­lichst genaue Recher­che war schließ­lich eines mei­ner Haupt­zie­le beim Ver­fas­sen des Buches.

Auf 24symbols wur­de Sechs Tage im Herbst unter die bes­ten »Bes­ten Bücher der Sai­son« gewählt, und man urteilt: »Nebst geschicht­li­cher Auf­ar­bei­tung, sowohl ihn kol­lek­ti­ver als auch indi­vi­du­el­ler Hin­sicht, über­zeugt das Buch vor allem mit einer fes­seln­den Hand­lung und viel Action« – dan­ke, danke!

Sabi­ne Lüers-Grul­ke gibt in der Har­ke (hin­ter Pay­wall) zu, dass sie »sich bis­her nicht wirk­lich für die­sen Teil deut­scher Geschich­te inter­es­siert hat«, fin­det aber, dass das Buch durch sein Lokal­ko­lo­rit fes­selt – man soll eben von dem schrei­ben, was man kennt! 😉

Neues von einem alten Gespenst

Die 3. Generation der RAF und ihre Helfer

Es ist nun schon über drei Jahr­zehn­te her, und immer noch weiß nie­mand, wer Alfred Herr­hau­sen auf dem Gewis­sen hat. Nie­mand außer den Tätern selbst natür­lich, aber die Mit­glie­der der »Roten Armee Frak­ti­on«, die man gefasst und vor Gericht gebracht hat, schwei­gen nach all den Jah­ren wei­ter­hin hart­nä­ckig über das Gesche­he­ne, und alle Auf­klä­rungs­ver­su­che sind irgend­wann im Sand ver­lau­fen. Dies führ­te schon weni­ge Jah­re nach der Tat zu Spe­ku­la­tio­nen – im Jahr 1992 sahen die Jour­na­lis­ten Ger­hard Wis­new­ski, Wolf­gang Land­gra­eber und Ekke­hard Sie­ker ange­sichts der lücken­haft erschei­nen­den offi­zi­el­len Dar­stel­lung des Tat­her­gangs und wei­te­rer Indi­zi­en eine Ver­schwö­rung am Werk, der sie den Namen »Das RAF-Phan­tom« gaben. Ihre Hypo­the­se: Die »3. Genera­ti­on« der Ter­ro­ris­ten­grup­pe sei in Wirk­lich­keit eine Erfin­dung, gegrün­det und gesteu­ert von Geheim­diens­ten, um unlieb­sa­me Poli­ti­ker oder Wirt­schafts­bos­se aus dem Weg zu räu­men und die öffent­li­che Mei­nung zu beein­flus­sen. Das gleich­na­mi­ge Buch erleb­te eini­ge Auf­la­gen und erfreu­te sich nicht nur unter Ver­schwö­rungs­theo­re­ti­kern einer gewis­sen Beliebt­heit, die 1993 noch ver­stärkt wur­de, als allem Anschein nach das flüch­ti­ge RAF-Mit­glied Wolf­gang Grams auf dem Bahn­hof von Bad Klei­nen wäh­rend eines GSG9-Ein­sat­zes vor­sätz­lich liqui­diert wur­de. Auch die Tat­sa­che, das der wegen des Herr­hau­sen-Anschlags gesuch­te Chris­toph Seid­ler 1995 plötz­lich aus sei­nem selbst­ge­wähl­ten Liba­non-Exil wie­der auf­tauch­te und offen­bar gar nicht zur Kom­man­do­ebe­ne der RAF gehört hat­te, schien ins Bild zu passen.

Ich gebe zu, eine Zeit­lang fand auch ich selbst die The­sen des Autoren­tri­os zumin­dest nicht völ­lig abwe­gig. Das hat­te mit mei­nen dama­li­gen Lebens­um­stän­den zu tun – ich been­de­te gera­de mein Stu­di­um und lern­te durch eine Ver­ket­tung nicht wei­ter erwäh­nens­wer­ter Zufäl­le ein paar Leu­te von der Münch­ner Film­hoch­schu­le ken­nen, die einen Dreh­buch­au­tor such­ten, mit dem sie his­to­ri­sche und poli­ti­sche Stof­fe umset­zen konn­ten. Einer davon drück­te mir das »RAF-Phan­tom« in die Hand und bot mir an, gemein­sam ein Dreh­buch zu ent­wi­ckeln, das auf der dar­in ent­wi­ckel­ten Ver­schwö­rungs­theo­rie basie­ren soll­te. In die­sem Moment über­nahm der Fabu­lie­rer in mir das Kom­man­do, und der His­to­ri­ker muss­te erst ein­mal zurück­ste­hen. Was für eine Geschich­te …! Wei­ter­le­sen

Kurzinterview für Bonner Krimi Archiv

Tho­mas Przy­bil­ka vom Bon­ner Kri­mi Archiv hat »Sechs Tage im Herbst« in den News­let­ter des Archivs für April auf­ge­nom­men und bei die­ser Gele­gen­heit eine sei­ner »legen­dä­ren Befra­gun­gen« durch­ge­führt. Hier sind mei­ne Antworten!

Tho­mas Przy­bil­ka: Was bedeu­tet Kri­mi­nal­li­te­ra­tur für Sie und ist, Ihrer Mei­nung nach, Kri­mi­nal­li­te­ra­tur eine wich­ti­ge Literaturgattung?

BO: Ich wür­de die etwas wei­ter gefass­te Bezeich­nung »Span­nungs­li­te­ra­tur« bevor­zu­gen. Nach dem Aus­lau­fen aller avant­gar­dis­ti­schen Expe­ri­men­te und der post­mo­der­nen Spie­le­rei­en ist das wahr­schein­lich die Lite­ra­tur­gat­tung unse­rer Zeit.

TP: Ihr Weg zur Kri­mi­nal­au­torin / zum Kriminalautor?

BO: Mir wäre auch hier »Kri­mi­nal­au­tor« zu eng gefasst. Mein Erst­ling »Wolfs­stadt« ist von der Struk­tur her natür­lich ein Kri­mi­nal­ro­man – ein Ver­bre­chen geschieht, und man ver­sucht, es auf­zu­klä­ren. Aber eigent­lich geht es dar­um, dass der ermit­teln­de Poli­zist ver­steht, was er selbst als Ord­nungs­po­li­zist im Krieg ange­rich­tet hat.

TP: Ihre ers­te Krimi-Veröffentlichung?

BO:  s.o.

TP: Wur­den Sie vom Werk einer Kri­mi­au­torin / eines Kri­mi­au­toren beeinflusst?

BO: Als jun­ger Mensch habe ich jede Art von ame­ri­ka­ni­schem Kri­mi­nal­ro­man ver­schlun­gen, beson­ders ger­ne aber Ray­mond Chand­ler. John le Car­ré spiel­te auch eine wich­ti­ge Rol­le, vor allem die Smi­ley-Roma­ne. Eine spä­te Ent­de­ckung war dann James Ellroy.

TP: Gibt es den »Frau­en­kri­mi« (im Sin­ne von femi­nis­ti­scher Kriminalliteratur)?

BO: Es gibt jede Art von Kri­mi­nal­li­te­ra­tur, also war­um nicht auch »femi­nis­ti­sche«?

TP: Gibt es einen Kriminalroman/Thriller, den Sie sel­ber ger­ne geschrie­ben hätten?

BO: Da gäbe es eini­ge. Spon­tan fällt mir »Der gro­ße Schlaf« ein.

TP: Wel­che Autorin / wel­cher Autor ist Ihrer Mei­nung nach über­schätzt (natio­nal und/oder international)?

BO: Das Phä­no­men »Schwe­den­kri­mi« habe ich nie so ganz ver­stan­den. Neh­men Sie die Mill­en­ni­um-Tri­lo­gie: höl­zer­ne Dia­lo­ge, hane­bü­che­ne Psy­cho­lo­gie, kei­ner­lei lite­ra­ri­scher Stil­wil­le erkenn­bar. Trotz­dem ein Rie­sen­er­folg. Ein Mysterium.

TP: Wel­che Autorin / wel­cher Autor ist Ihrer Mei­nung nach unter­schätzt (natio­nal und/oder international)?

BO: Ich hat­te immer eine heim­li­che Schwä­che für Fan­ny Mor­wei­ser. »Ein Som­mer in Davids Haus« ist mei­ner Mei­nung nach ein voll­kom­men unter­schätz­tes Meis­ter­werk sub­ti­ler psy­cho­lo­gi­scher Spannung.

 

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