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Kategorie: Wolfsstadt (Seite 2 von 3)

Kleiner Nachtrag zu »Wolfsstadt«

Am letz­ten Don­ners­tag hat­te ich Gele­gen­heit, vor einem klei­nen Publi­kum von inter­es­sier­ten und klu­gen Men­schen aus mei­nen Büchern vor­zu­le­sen. (Noch­mals vie­len Dank an Joa­chim dafür!) Anschlie­ßend muss­te ich vie­le gute Fra­gen beant­wor­ten und ein wenig aus dem Näh­käst­chen plau­dern, was viel Spaß gemacht hat. Es war außer­dem eine schö­ne Gele­gen­heit, mich nach län­ge­rer Zeit mal wie­der damit zu beschäf­ti­gen, war­um ich Wolfs­stadt über­haupt geschrie­ben habe. Zum Glück fiel mir die rich­ti­ge Ant­wort ein: damit sich wenigs­tens in der Fik­ti­on jemand Gedan­ken dar­über machen muss, war­um er vor 1945 so pro­blem­los als Teil der Ver­nich­tungs­ma­schi­ne­rie funk­tio­niert hat. Was in der Rea­li­tät wohl für immer ein gewis­ses Man­ko blei­ben wird.

Hier übri­gens ein dama­li­ger Alter­na­tiv-Ent­wurf zum Cover:

Der Kohlestrom des Bösen

Kohlekraftwerk Mehrum

Neu­lich frag­ten die Kin­der, wie eigent­lich Ver­schwö­rungs­theo­rien ent­ste­hen. Auch in unse­rem ver­träum­ten klei­nen Dorf kein unge­wöhn­li­ches The­ma, denn es gibt wohl nichts, von dem unse­re Zeit so beses­sen wäre, wie die Vor­stel­lung, irgend­wel­che fins­te­ren Mäch­te wür­den im Hin­ter­grund die Fäden zie­hen. Auch unter den Alters­ka­me­ra­den unse­res Nach­wuch­ses haben sich schon gewis­se Zwei­fel an Neil Arm­strongs Mond­spa­zier­gang oder der Unge­fähr­lich­keit von Kon­dens­strei­fen breit­ge­macht, und spä­te­re His­to­ri­ker wer­den unse­re Epo­che sicher als »Kon­spi­ra­ti­ve« bezeichnen.

Nun hät­te ich ein­fach ant­wor­ten kön­nen, dass es eben manch­mal Ver­schwö­run­gen gibt – Water­ga­te, Sad­dam Hus­seins angeb­li­che Mas­sen­ver­nich­tungs­waf­fen oder die Rol­le der CIA bei der För­de­rung der abs­trak­ten Kunst. Und bei den übli­cher­wei­se als »Theo­rie« bezeich­ne­ten Ver­schwö­run­gen wis­se man es nur noch nicht so genau. Aber gemeint waren natür­lich Gedan­ken­kon­struk­te, die so weit jen­seits der Plau­si­bi­li­tät ange­sie­delt sind, dass ande­re Fak­to­ren im Spiel sein müs­sen: außer­ir­di­sche Rep­ti­lo­ide, Area 51, Prieu­ré de Sion und der­glei­chen. Ich kram­te also zusam­men, was mir so ein­fiel: die mensch­li­che Nei­gung zur Reduk­ti­on kom­ple­xer Zusam­men­hän­ge auf »Gut gegen Böse«, die unbe­wuss­te Pro­jek­ti­on der eige­nen schlech­ten Eigen­schaf­ten auf ande­re (C. G. Jungs »Schat­ten«), die Selbst­sti­li­sie­rung der Ver­schwö­rungs­gläu­bi­gen zu Teil­ha­bern von eli­tä­rem »Geheim­wis­sen« und die Nei­gung, in Stress­si­tua­tio­nen Kau­sa­li­tä­ten zu sehen, wo kei­ne sind. So rich­tig zufrie­den war ich damit aller­dings selbst nicht.

Bis dann eini­ge Tage spä­ter im Lokal­teil unse­rer Zei­tung eine Mel­dung ins Haus flat­ter­te, die mir eine unver­hoff­te Erleuch­tung ver­schaff­te. Dazu muss ich erläu­tern, dass der Teil Nord­deutsch­lands, in dem wir leben, in den letz­ten zwan­zig Jah­ren mit nicht uner­heb­li­chen Men­gen von Wind­rä­dern voll­ge­stellt wor­den ist, deren Strom nun dort­hin trans­por­tiert wer­den soll, wo er gebraucht wird – also in der Regel ein paar hun­dert Kilo­me­ter wei­ter süd­lich. Wenn man Strom an Orten erzeugt, wo vor­her kein Strom erzeugt wur­de, ist es nur logisch, dass man neue Strom­tras­sen und Umspann­wer­ke bau­en muss, bei­des ist bei­spiels­wei­se in der Nähe unse­res ver­träum­ten klei­nen Dor­fes geplant. Ich selbst bin abso­lut dage­gen und habe auch kei­ne mora­li­schen Bauch­schmer­zen des­we­gen – es ist nichts ver­kehrt an dem Wunsch, die Strom­pro­duk­ti­on auf erneu­er­ba­re Quel­len umzu­stel­len, aber solan­ge es kei­ne tech­nisch zuver­läs­si­gen, kos­ten­güns­ti­gen Spei­cher­mög­lich­kei­ten und kei­ne wirk­lich trag­fä­hi­ge Neu­kon­zep­ti­on des Strom­net­zes gibt, ist das alles nur plan- und kopf­lo­ser Aktio­nis­mus, der ver­träum­te klei­ne Dör­fer in einen rie­si­gen, trost­lo­sen Indus­trie­park verwandelt.

Ener­gie­wen­de am Spätnachmittag

Ähn­li­cher Ansicht, so ver­riet es mir jeden­falls das Lokal­blatt, scheint ein Rats­mit­glied in einer nahen Klein­stadt zu sein, an der eben­falls eine der neu geplan­ten Strom­tras­sen vor­bei­füh­ren soll. Die Gewährs­per­son (nähe­re Anga­ben spa­re ich mir) hat sogar eine Online-Peti­ti­on gestar­tet, in der das Bun­des­um­welt­mi­nis­te­ri­um auf­ge­for­dert wird, den Hoch­span­nungs-Tras­sen­bau umge­hend zu stop­pen. Etwas ver­wir­rend ist aller­dings, dass es sich dabei um das Mit­glied einer Par­tei han­delt, die in ihrem Namen die Far­be fri­schen Gra­ses führt und eben jenes »Erneu­er­ba­re-Ener­gien-Gesetz« mit auf den Weg gebracht hat, dem wir das meta­sta­sen­ar­ti­ge Wachs­tum von Wind­parks und neu­en Lei­tun­gen über­haupt zu ver­dan­ken haben. Noch ver­wir­ren­der: Das besag­te Rats­mit­glied sitzt sogar im Vor­stand einer ört­li­chen Genos­sen­schaft, deren Zweck die »Errich­tung und Unter­hal­tung von Anla­gen zur Erzeu­gung rege­ne­ra­ti­ver Ener­gien, ins­be­son­de­re Solar­an­la­gen und Wind­kraft­an­la­gen« ist.

Und am ver­wir­rends­ten ist schließ­lich die Begrün­dung für die Online-Peti­on. Dort wird näm­lich behaup­tet, dass zwei von drei der neu­en Tras­sen dem Trans­port von Koh­le­strom dien­ten.

Wei­ter­le­sen

Jenseits des kartierten Gebiets

Ich habe mich in jun­gen Jah­ren recht aus­gie­big mit Ruck­sack und Rei­se­schecks aus­ge­rüs­tet in ande­ren Län­dern und auf ande­ren Kon­ti­nen­ten umge­tan. Oft waren es Welt­ge­gen­den, die als nicht beson­ders sicher gal­ten und dies auch tat­säch­lich nicht waren. Ich hat­te immer Glück – der Über­land­bus der­sel­ben Linie wur­de erst am Tag nach mei­ner Fahrt aus­ge­raubt, der Raub­über­fall auf das Beach­vol­ley­ball-Spiel geschah mei­nen zeit­wei­li­gen Mit­rei­sen­den, nicht mir, der Taschen­dieb such­te sich den Mann aus, der vor mir durch die Fuß­gän­ger­zo­ne Rios schlen­der­te. Sogar die Hoodlums, die mich in St. Lou­is auf dem Weg vom Base­ball­sta­di­on zur Unter­kunft dumm anquatsch­ten und „unter­su­chen“ woll­ten, gaben sich schließ­lich mit ein paar blö­den Sprü­chen zufrie­den, weil sie den unver­hofft in ihrem Kiez auf­ge­tauch­ten Deut­schen so ulkig fanden.

Man wuss­te auch bis zu einem gewis­sen Grad, wie man sich schüt­zen konn­te: in alten Kla­mot­ten her­um­lau­fen (mei­ne Stan­dard­kluft: alte Bun­des­wehr­ho­se, schmut­zi­ge Segel­tuch­schu­he, schlabb­ri­ges Polo­hemd), einen Geld­gür­tel tra­gen, die Lan­des­spra­che beherr­schen. Nachts nicht an roten Ampeln hal­ten, auf kei­nen Fall unbe­glei­tet in die Fave­la. Nicht auf Gesprä­che mit komi­schen Leu­ten ein­las­sen, die einem in der Baixa von Lis­sa­bon Dro­gen und gol­de­ne Arm­band­uh­ren ver­kau­fen wol­len. Und vor allem wuss­te man, dass all die­se Vor­sichts­maß­nah­men nicht mehr nötig sein wür­den, sobald man in Mün­chen oder Ber­lin wie­der das Flug­zeug ver­las­sen hat­te. Das eige­ne Land war ein biss­chen lang­wei­lig, man war nicht son­der­lich stolz dar­auf, die Leu­te rann­ten zu sehr dem Geld hin­ter­her, und kul­tu­rell gaben einem New Orleans und Bahia alles, was man brauch­te. Aber eines war die­ses Land ganz bestimmt: sicher und ver­läss­lich. Wei­ter­le­sen

Lesung in Paderborn

Am Frei­tag, den 06. Novem­ber, wer­de ich in der Stadt­bü­che­rei Pader­born aus »Wolfs­stadt« lesen. Die Ver­an­stal­tung wird vom Pader­bor­ner Ver­ein Alles Kunst e.V. ver­an­stal­tet und beginnt um 20 Uhr. Der Ein­tritt beträgt 7,- €/4,- € erm. (ein Getränk inklusive).

Stadt­bi­blio­thek Paderborn
Am Rot­ho­b­orn 1
33098 Paderborn

Gleich­zei­tig darf ich vol­ler Freu­de ver­kün­den, dass gera­de die zwei­te Auf­la­ge in den Han­del gekom­men ist! Das Cover ist ein biss­chen dunk­ler, wer also schon die Erst­auf­la­ge gekauft hat, darf sich über ein Uni­kat freuen …

zweite

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