Von allen Nar­re­tei­en, die einem der­zeit um die Ohren gehau­en wer­den, ist die abson­der­lichs­te die neu­er­dings des Öfte­ren geäu­ßer­te Ansicht, die Ost­preu­ßen, Schle­si­er und Pom­mern sei­en in den Jah­ren nach dem Zwei­ten Welt­krieg nach Deutsch­land »ein­ge­wan­dert«, und man möge doch dies nicht ver­ges­sen, wenn man die heu­ti­gen »Ein­wan­de­rer« betrach­te. Die Mei­nung hat sich schon so weit durch­ge­setzt, dass sie teil­wei­se nur noch ganz bei­läu­fig geäu­ßert wird, so etwa in der FAS vom letz­ten Wochen­en­de in einem Por­trät des baden-würt­tem­ber­gi­schen Minis­ter­prä­si­den­ten Kret­sch­mann, des­sen Eltern nach dem Krieg dort »aus Ost­preu­ßen ein­ge­wan­dert« seien.

Ich habe dann jedes Mal das Gefühl, man wür­de auf das Grab mei­ner Mut­ter spu­cken, die 1947 durch­aus gegen ihren Wil­len in einen Güter­wag­gon stei­gen muss­te, um den Land­strich zu ver­las­sen, in dem sie gebo­ren und auf­ge­wach­sen war. Nein, das war kei­ne »Ein­wan­de­rung«. Man wan­dert weder aus noch ein, wenn man aus einem Lan­des­teil in einen ande­ren zwangs­um­ge­sie­delt wird oder dort lan­det, weil man vor der Roten Armee geflo­hen ist.

Die Ver­trei­bung der Deut­schen aus dem Osten war eine Stra­fe für die Ver­bre­chen, die die Deut­schen im Krieg began­gen hat­ten. Die Stra­fe war viel­leicht unge­recht, weil nur ein Teil der Deut­schen davon getrof­fen wur­de und auch sol­che, die gar nichts mit den Nazis zu tun gehabt hat­ten, aber es war letz­ten Endes eine ange­sichts der Grö­ße der Ver­bre­chen gerecht­fer­tig­te Stra­fe, und als sol­che ist sie zu akzep­tie­ren. Nur soll man jetzt bit­te nicht anfan­gen, sich in die Tasche zu lügen und das mit Begrif­fen zu ver­harm­lo­sen, die Frei­wil­lig­keit und Eigen­in­itia­ti­ve sug­ge­rie­ren, oder gar mei­nen, damals sei­en Men­schen aus ande­ren Län­dern »zu uns« gekom­men, die es dort nicht mehr aus­ge­hal­ten hätten.