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Kategorie: Politik (Seite 5 von 5)

The United States of what …?

Die gegen­wär­ti­ge Kri­se der Euro­päi­schen Uni­on ist so tief­grei­fend, dass man einer­seits Lust hat, den gan­zen Laden in die Luft zu spren­gen, ande­rer­seits drängt sich einem dann doch wie­der der Aus­weg auf, nun erst recht ein ver­ein­tes Euro­pa zu schaf­fen, das dann wenigs­tens eini­ger­ma­ßen kon­sis­tent agie­ren und die gewal­ti­gen Struk­tur­re­for­men ange­hen könn­te, die für eine lang­fris­ti­ge Ret­tung der gemein­sa­men Wäh­rung und die Gewähr­leis­tung einer gemein­sa­men Außen­po­li­tik nötig wären.

Aber bevor man sich wil­den Blü­ten­träu­men hin­gibt, soll­te man viel­leicht doch noch mal kurz ein wenig nach­den­ken. Wie wür­de wohl ein sol­cher euro­päi­scher Super­staat aus­se­hen? Gott sei Dank gibt es das Pro­ject for Demo­cra­tic Uni­on, einen in Mün­chen und Lon­don ansäs­si­gen »Think Tank«, der sich bereits vie­ler­lei Gedan­ken zu die­ser Fra­ge gemacht hat. Dahin­ter steht der iri­sche, in Cam­bridge täti­ge Geschichts­pro­fes­sor Bren­dan Simms (angeb­lich von Schäub­le ver­ehrt), der die Zukunft der Uni­on lang­fris­tig in den »Ver­ei­nig­ten Staa­ten von Euro­pa« sieht. Am Ende wür­de Groß­bri­tan­ni­en sei­ner Mei­nung nach wohl nicht dazu­ge­hö­ren, aber den Bre­x­it fin­det er ver­früht. Erst sol­le die Euro-Zone einen Bun­des­staat grün­den, dann kön­ne das Ver­ei­nig­te König­reich aus­tre­ten, ohne dass es zu grö­ße­ren Ver­wer­fun­gen käme.

Wie dem auch sei – das neue Euro­pa soll die­ser Visi­on nach einen direkt gewähl­ten Prä­si­den­ten sowie ein Zwei­kam­mer­par­la­ment mit Abge­ord­ne­ten­haus und Senat nach US-Vor­bild bekom­men. Aus­wär­ti­ge Ange­le­gen­hei­ten, Ban­ken­auf­sicht und Wäh­rung wären für­der­hin eine rei­ne Uni­ons­an­ge­le­gen­heit, eben­so wie das Kom­man­do über eine ein­heit­li­che euro­päi­sche Armee, deren aus­schließ­li­che Dienst­spra­che – eben­so wie die ein­zig zuläs­si­ge Ver­wal­tungs­spra­che – Eng­lisch wäre. Das fran­zö­si­sche Nukle­ar­ar­se­nal wür­de in die Hän­de der VSE, Ver­zei­hung, USE über­ge­hen, deren jun­ge Bür­ger alle ver­pflich­tet wären, ein Jahr Bür­ger- oder Wehr­dienst zu leis­ten. Außer­dem wären alle natio­na­len Staats­schul­den in euro­päi­sche Schuld­ver­schrei­bun­gen zu über­füh­ren. Frei­han­del wäre nur mit »ech­ten Demo­kra­tien« erlaubt.

Na ja. Wenn ich ehr­lich bin, gefällt mir davon nur der Teil mit dem all­ge­mei­nen Bür­ger­dienst. Wei­ter­le­sen

Ein Hauch Bürgerkrieg

Ich woll­te vor­ges­tern eigent­lich nur auf der Leip­zi­ger Buch­mes­se mei­nen Ver­le­ger tref­fen und vor­her ein wenig schau­en, was die Kon­kur­renz so treibt. Statt­des­sen geriet ich zufäl­lig in einen Tumult, der sich um den Mes­se­stand des Com­pact-Maga­zins her­um ent­fal­te­te. So um die zwei­hun­dert Leu­te reck­ten Fäus­te und Trans­pa­ren­te in die Höhe und brüll­ten laut­stark Paro­len gegen die Anwe­sen­heit der Zeit­schrift auf der Buch­mes­se. Die Atmo­sphä­re war aggres­siv auf­ge­la­den und schien kurz vor der Explo­si­on zu ste­hen, was noch durch die Anwe­sen­heit breit­schult­ri­ger Secu­ri­ty-Leu­te an den Ecken des burg­ar­ti­gen Mes­se­stands ver­stärkt wur­de. Gott sei Dank pas­sier­te nichts Schlim­mes (bzw. war es schon pas­siert).

Ich habe die­se Zeit­schrift noch nie gele­sen, und nach allem, was ich über die dort ver­brei­te­ten Inhal­te gehört habe, wird es auch wei­ter­hin bei die­ser Nicht­be­kannt­schaft blei­ben. Aber – solan­ge von den Redak­teu­ren nichts straf­recht­lich Rele­van­tes getan oder ver­langt wird, haben die­se Leu­te Gott ver­dammt noch­mal das Recht, ihre Mei­nung zu sagen! Was ist mit der Frei­heit los, die doch angeb­lich immer jene des Anders­den­ken­den sein soll? Was wäre, wenn im Gegen­zug ein paar Skin­heads den Mes­se­stand der taz stür­men? Ande­re nie­der­zu­brül­len, weil einem ihre Ansich­ten nicht gefal­len, ändert weder die Ansich­ten, noch wird es irgend­je­man­den dazu brin­gen, die­se nicht mehr zu tei­len. (Die Leip­zi­ger Volks­zei­tung behaup­tet, hier habe es eine »Spon­tan­de­mo« von Mes­se­be­su­chern gege­ben – wer bringt denn bit­te­schön »spon­tan« Pla­ka­te und Trans­pa­ren­te zur Buch­mes­se mit…?)

Am Vor­abend hat­ten mei­ne Gast­ge­ber mir von den Stra­ßen­kämp­fen erzählt, die sich im letz­ten Dezem­ber in der Leip­zi­ger Süd­vor­stadt abge­spielt hat­ten, wo sie leben. Vor ihrer Haus­tür türm­ten Auto­no­me Müll­ton­nen zu Bar­ri­ka­den auf und steck­ten sie in Brand, spä­ter wur­den Bank­au­to­ma­ten – Sym­bo­le des bösen Kapi­ta­lis­mus – zer­stört und eine Bus­hal­te­stel­le zer­schla­gen. (Ich hof­fe, die Jungs haben vor­her noch Geld gezo­gen, um am nächs­ten Tag ein­kau­fen gehen zu kön­nen.) Anlass des Gan­zen war offen­bar eine eher klei­ne Neo­na­zi-Demo, die mit ihrem Auf­marsch die Lin­ken pro­vo­zie­ren wollten.

Wo soll das eigent­lich hin­füh­ren? Auf der einen Sei­te Pegi­da und die Glat­zen, auf der ande­ren der Schwar­ze Block und das Kom­man­do Nor­bert Blüm? Wohin Wei­mar geführt hat, wis­sen wir doch wohl.

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