Über­zeug­te Nord­lich­ter sehen ja ger­ne auf die Bewoh­ner gewis­ser Land­stri­che wei­ter im Süden her­ab, bei denen angeb­lich der Pfar­rer den Leu­ten erzäh­le, was sie denn bit­te­schön zu wäh­len hät­ten. Und die doo­fen Katho­len würden’s dann auch noch machen. Ich hal­te das aller­dings eher für eine gesamt­deut­sche und kon­fes­si­ons­über­grei­fen­de Tra­di­ti­on, jeden­falls hielt unser Dorf­schul­leh­rer im Janu­ar 1919 ein paar Tage vor den Wah­len zur ver­fas­sung­ge­ben­den Ver­samm­lung in Wei­mar in sei­ner Schul­chro­nik Fol­gen­des fest:

16. Janu­ar: Ren­ne­kamp, Ver­den, rede­te abends bei Lüt­jens über die Deutsch-Han­no­ver­sche Par­tei. Am Schlus­se der Ver­samm­lung for­der­te Pas­tor XYZ alle aus dem Fel­de zurück­ge­kehr­ten anwe­sen­den Sol­da­ten auf, den etwa aus dem Fel­de mit­ge­brach­ten Groll nicht der Hei­mat ent­gel­ten las­sen zu wol­len, indem sie etwa demo­kra­tisch wäh­len woll­ten, und emp­fahl die Deutsch-Han­no­ver­sche Partei.

Mit »Demo­kra­ten«, das muss man wis­sen, war die SPD gemeint, bei der es sich sei­ner­zeit noch um eine wich­ti­ge, ernst­zu­neh­men­de Par­tei han­del­te. In der »Deutsch-Han­no­ver­schen Par­tei« hin­ge­gen sam­mel­ten sich Mon­ar­chis­ten und erz­kon­ser­va­ti­ve Land­leu­te, die im Kai­ser­reich eine Rück­kehr der Wel­fen auf den han­no­ver­schen Thron for­der­ten und in der Wei­ma­rer Repu­blik (ver­geb­lich) für eine Abspal­tung von Preu­ßen und die Schaf­fung eines Lan­des »Han­no­ver« ein­tra­ten. Auf dem Dach­bo­den von so man­chem alten Nie­der­sach­sen­haus modert noch in irgend­ei­ner Ecke eine ver­bli­che­ne gelb-wei­ße Flag­ge vor sich hin und war­tet dar­auf, dass Ernst-August und Caro­li­ne end­lich das ihnen von alters her zuste­hen­de Lei­ne­schloss beziehen.

Ach so, die Wahl­er­geb­nis­se hier im Dorf am 19. Janu­ar 1919: Deutsch-Han­no­ver­sche Par­tei 46 %, Deut­sche Volks­par­tei 15,7 %, Deut­sche Demo­kra­ti­sche Par­tei 14 %, Sozi­al-Demo­kra­ti­sche Par­tei 12,1 %, Deutsch-Natio­na­le Volks­par­tei 11,7 % der Stim­men. Die CSU in ihren bes­ten Tagen konn­te es bes­ser, aber immerhin …