Eigent­lich war alles wie immer. Die ver­schro­be­nen Figu­ren ohne jede Vor­ge­schich­te. Die sanf­te Blöd­heit irgend­ei­nes Kräh­win­kels, in dem trotz aller Gott­ver­las­sen­heit Kunst und Poe­sie auf­schei­nen. Die Gaga-Dia­lo­ge (ein Japa­ner setzt sich neben einen heim­lich als Dich­ter täti­gen Bus­fah­rer und fragt ihn aus blau­em Him­mel her­aus, ob er viel­leicht Dich­ter sei). Die maxi­mal zwei Gesichts­aus­drü­cke des Haupt­dar­stel­lers (der aller­dings schon in Epi­so­de VII nicht durch son­der­lich kom­ple­xes Minen­spiel auf­fiel). Die schwar­zen Hips­ter aus Brook­lyn, die sich aus einem frü­hen Spike-Lee-Film nach New Jer­sey ver­irrt haben. Die Lako­nie hoch zehn. Die lie­be­voll zur Schau gestell­ten klei­nen Pein­lich­kei­ten des All­tags. Die Fei­er der Idiosynkrasie.

In den Acht­zi­gern, als wir alle in unse­rer eige­nen klei­nen Welt leb­ten, war Jim Jar­musch mit die­sem Stil auf der Höhe der Zeit. Kein gro­ßes Dra­ma, kei­ne Welt­hal­tig­keit, kei­ne Poli­tik. Statt­des­sen die­se typi­sche Punk-Hal­tung, die gesam­te Geis­tes- und Kul­tur­ge­schich­te erst mal auf einen gro­ßen Müll­hau­fen zu wer­fen, um sich dann hier und da völ­lig zusam­men­hang­lo­se Ein­zel­stü­cke her­aus­zu­pi­cken, die man in poe­ti­scher Zärt­lich­keit hütet wie einen unend­lich wert­vol­len Schatz (in Pater­son die Gedich­te Wil­liam Car­los Wil­liams’). Dazu ein Lied von Tom Waits, der aller­dings die­ses Mal fehlte.

Ich habe die­se Fil­me geliebt damals. Als Night on Earth lief, bin ich selbst Taxi gefah­ren und hät­te sofort eine Epi­so­de bei­steu­ern kön­nen. Es war, als hät­te jemand mein Leben gespie­gelt. Ich konn­te jah­re­lang Rober­to Benig­nis »Very dif­fi­cult to catch rabbit«-Szene aus Down by Law nach­spie­len. Aus Begeis­te­rung wur­de selbst Idiosynkrasie.

Heu­te sehe ich Jar­muschs neu­es­ten Film und wer­de schmerz­haft dar­an erin­nert, wie weit ent­fernt das alles ist. Die Welt lässt sich nicht mehr igno­rie­ren, das gro­ße Dra­ma ist längst zurück auf der Büh­ne, und die Umstän­de ver­lan­gen nach Ent­schei­dun­gen, von denen man vor drei­ßig Jah­ren nicht im Gerings­ten erwar­te­te, sie ein­mal tref­fen zu müs­sen. Es passt nicht mehr.

Ich weiß nicht ein­mal, ob das schlecht ist. Man lebt schon sehr pri­vi­le­giert, wenn man sich in sei­ne Nische ver­krie­chen kann, ohne dafür irgend­ei­nen Preis zah­len zu müs­sen. Und Per­ma­nent Vaca­ti­on ist wahr­schein­lich eher eine Dro­hung als ein Glücksversprechen.

Aller­dings muss ich zuge­ben, dass die Gedich­te sehr schön waren.