His­to­ri­ker soll­ten sich eigent­lich kei­ne his­to­ri­schen Fil­me anse­hen, man ärgert sich ja doch bloß. Manch­mal ist aller­dings die Ver­su­chung zu groß – zum Bei­spiel konn­te man in der ARD-App gera­de die ers­ten bei­den Staf­feln von Baby­lon Ber­lin bin­gen, und man hat­te doch so viel davon gelesen …

Mein Ein­druck? Ich schwan­ke zwi­schen Enthu­si­as­mus und mit­tel­schwe­rer Genervt­heit. Einer­seits sind Kame­ra, Aus­stat­tung, Licht und Dreh­buch wirk­lich toll. Die Schau­spie­ler machen einen exzel­len­ten Job (allen vor­an Peter Kurth), und man kann mal sehen, was in ihnen steckt, wenn sie vor höhe­ren Anfor­de­run­gen ste­hen als dem durch­schnitt­li­chen deut­schen Fern­seh­kri­mi. Sogar die ziem­lich unplau­si­ble Anla­ge der Rol­le von Lot­te Rit­ter (einer­seits kunst­sei­de­nes Mäd­chen, ande­rer­seits Möch­te­gern-Poli­zis­tin) und die alber­ne »Chi­ca­goi­sie­rung« der Ber­li­ner Ring­ver­ei­ne lass ich mal durch­ge­hen, man kann ja nicht immer nur meckern.

Was mir aller­dings wirk­lich sau­er auf­stößt, sind die Sze­nen im Nacht­le­ben. Es muss eine fata­le Pro­duk­ti­ons­kon­fe­renz gege­ben haben, bei der man beschloss, qua­si als Brecht­schen V‑Effekt Bor­del­le, Nacht­bars und das »Moka Efti« wie Ufos zu insze­nie­ren, die per Zeit­rei­se aus dem Ber­lin der Jetzt­zeit in die Wei­ma­rer Repu­blik gebeamt wur­den. Das Lied der rus­si­schen Grä­fin hört sich an, als ob irgend­wo noch eine alte »Rosenstolz«-Demokassette her­um­lag, die man mit aller­lei Sound­tech­nik zur Tech­no-Minioper auf­ge­bla­sen hat. In der letz­ten Fol­ge der ers­ten Staf­fel gab’s den Del­ta-Blues. Und dann zap­peln sie alle her­um, als ob sie gera­de im »Berg­hain« oder im »Kit­Kat Club« wären. Man merkt die Absicht – he, Zuschau­er: die­ser Tanz auf dem Vul­kan damals ist genau­so wie dein eige­ner Tanz!!! – und ist ver­stimmt. So viel Holz­ham­mer muss doch nun wirk­lich nicht sein … Wenn man, wie ich, die Popu­lär­mu­sik der Wei­ma­rer Repu­blik mit ihrer unnach­ahm­li­chen Mischung aus jüdisch-iro­ni­scher Leich­tig­keit und deutsch-sen­ti­men­ta­ler Melan­cho­lie für eine der edels­ten Her­vor­brin­gun­gen der mit­tel­eu­ro­päi­schen Kul­tur über­haupt hält, lei­det man beim Zuschau­en tau­send Qualen.

Na gut. Ich guck trotz­dem wei­ter. Hier ein biss­chen wirk­li­che Musik von damals: