Thomas Przybilka vom Bonner Krimi Archiv hat »Sechs Tage im Herbst« in den Newsletter des Archivs für April aufgenommen und bei dieser Gelegenheit eine seiner »legendären Befragungen« durchgeführt. Hier sind meine Antworten!
Thomas Przybilka: Was bedeutet Kriminalliteratur für Sie und ist, Ihrer Meinung nach, Kriminalliteratur eine wichtige Literaturgattung?
BO: Ich würde die etwas weiter gefasste Bezeichnung »Spannungsliteratur« bevorzugen. Nach dem Auslaufen aller avantgardistischen Experimente und der postmodernen Spielereien ist das wahrscheinlich die Literaturgattung unserer Zeit.
TP: Ihr Weg zur Kriminalautorin / zum Kriminalautor?
BO: Mir wäre auch hier »Kriminalautor« zu eng gefasst. Mein Erstling »Wolfsstadt« ist von der Struktur her natürlich ein Kriminalroman – ein Verbrechen geschieht, und man versucht, es aufzuklären. Aber eigentlich geht es darum, dass der ermittelnde Polizist versteht, was er selbst als Ordnungspolizist im Krieg angerichtet hat.
TP: Ihre erste Krimi-Veröffentlichung?
BO: s.o.
TP: Wurden Sie vom Werk einer Krimiautorin / eines Krimiautoren beeinflusst?
BO: Als junger Mensch habe ich jede Art von amerikanischem Kriminalroman verschlungen, besonders gerne aber Raymond Chandler. John le Carré spielte auch eine wichtige Rolle, vor allem die Smiley-Romane. Eine späte Entdeckung war dann James Ellroy.
TP: Gibt es den »Frauenkrimi« (im Sinne von feministischer Kriminalliteratur)?
BO: Es gibt jede Art von Kriminalliteratur, also warum nicht auch »feministische«?
TP: Gibt es einen Kriminalroman/Thriller, den Sie selber gerne geschrieben hätten?
BO: Da gäbe es einige. Spontan fällt mir »Der große Schlaf« ein.
TP: Welche Autorin / welcher Autor ist Ihrer Meinung nach überschätzt (national und/oder international)?
BO: Das Phänomen »Schwedenkrimi« habe ich nie so ganz verstanden. Nehmen Sie die Millennium-Trilogie: hölzerne Dialoge, hanebüchene Psychologie, keinerlei literarischer Stilwille erkennbar. Trotzdem ein Riesenerfolg. Ein Mysterium.
TP: Welche Autorin / welcher Autor ist Ihrer Meinung nach unterschätzt (national und/oder international)?
BO: Ich hatte immer eine heimliche Schwäche für Fanny Morweiser. »Ein Sommer in Davids Haus« ist meiner Meinung nach ein vollkommen unterschätztes Meisterwerk subtiler psychologischer Spannung.